In der GEO Ausgabe 01/2021 gibt es einen phantastischen Artikel mit genau diesem Titel. Die Ideen sind genau das, was ich jetzt brauche: Einen Hoffnungsschimmer, positive Aussichten und motivierende Ideen nach einem Jahr Pandemie und der wenig erbaulichen Botschaft der Politiker: jetzt kommt (wieder mal) die schwierigste Phase der Pandemie.

Deswegen habe ich diesen Artikel für Euch zusammengefasst, vielleicht fühlt ihr Euch dann auch (noch) besser. Denn negative Aspekte der Pandemie – wie z.B. die Verarmung, Existenzangst, Tod und Krankheit – gibt es wahrlich genug. Daher jetzt mal zu den positiven Potentialen:

01 Können wir die Krise als Chance nutzen?

Historisch gesehen sind es kollektive Erlebnisse wie Kriege, Revolutionen und Seuchen, die einen tiefgreifenden gesellschaftlichen Wandel anstoßen. Der totale Kollaps, also das Zerbrechen einer gesellschaftlichen Ordnung ist historisch allerdings höchst selten. Es ist wichtig anzuerkennen, dass Bedrohungen dieser Art so gut wie nie abrupt enden, es gibt kein “Danach”. Bedrohungen verlieren ihre Kraft, weil die Gesellschaft effektive Wege findet, sie zu bekämpfen.

Wir wissen noch nicht, was die jetzigen Geschehnisse für unsere Zukunft bedeuten, was gut und was schlecht ist, wird sich erst im Rückblick herausstellen. Das Beste, was wir jetzt tun können: bewusst und genau zu reflektieren, wie wir individuell reagieren – und was das für unserer Zukunft bedeutet. Wenn wir Antworten auf die Fragen finden: Wer sind wir und was brauchen wir jetzt?

Identität wird in Zeiten der Bedrohung sehr wichtig, die Menschen beginnen als Individuen und als Kollektive nachzudenken, wem sie sich zugehörig fühlen. Im Kern geht es um die Neuverhandlung von gesellschaftlichen Machtverhältnissen und genau das können wir, ja müssen wir aktiv mitgestalten.

02 Unsere Städte werden aufblühen

Wenn die Menschen in ihren Viertel leben, arbeiten und einkaufen, statt es nur zum Schlafen aufzusuchen, wird Autoverkehr zu einem Störfaktor. Spielstraßen, mehr Radwege und Tempo-30 Zonen, wie sie etwa Paris flächendeckend einführen will, finden mehr Befürworter. Zudem steigt der Bedarf nach stadtgrünen Erholungsräumen. Wenn wir die Gelegenheiten des Homeoffices und zusätzlicher Mikromobilität vom Fahrrad bis zum Elektroroller besser nutzen, werden unserer Innenstädte in einigen Jahren freundlicher, bewohnbarer und belebter sein.

03 Ein neues Heimatgefühl

Schon vor Corona war die Reisebranche angesichts des Klimawandels unter Druck, weil ihre Exzesse zu Umweltverschmutzung, over tourism und Ausbeutung führen. Nachhaltiges Reisen ist das Gegenteil von “Nach mir die Sintflut”. Corona kann eine Chance sein, dass auch wir als Kunden unser Verhalten überdenken und ändern: seltener reisen, länger vor Ort bleib3en, Nahziele ansteuern, Bus und Bahn fahren, auf kurze Flüge verzichten. fair wohnen, in lokalen Läden einkaufen, die Menschen vor Ort unterstützen. Die Natur in der näheren Umgebung erkunden, mit Respekt. Nachhaltiges Reisen muss weder teurer sein, noch Verzicht bedeuten, ganz im Gegenteil.

04 Das Homeoffice gibt vielen Menschen mehr Freiheit

Zellenartige Büros die den Eindruck einer Käfighaltung für MitarbeiterInnen vermitteln, gehören bald der Vergangenheit an. Arbeit ist heute oft kreativer und könnte auf einen Dreiklang hinauslaufen: Kernbüro, Homeoffice und Büros jenseits der Standorte, Flex-Offices. Vielleicht ist es bald normal, sich ortsunabhängig zu bewerben: einmal im Monat einpaar Hundert Kilometer anzureisen ist besser, als täglich 50km zu pendeln.

Die historischen Gründe fürs Büro seien entfallen, sagt der Londoner Fachautor Philipp Ross: “Das Büro braucht eine neue Zweckbestimmung, wenn es weiterleben soll” (Anmerkung: Soll es?). Büros werden dann vor allem Zonen der Begegnung und des Austausches, nicht nur Arbeits- sondern auch Kommunikationswelten.

05 Der neue Wert der Natur

Die Menschen erkennen den Wert der Natur vor ihrer Haustür. Sie finden etwas Verlorenes wieder. Vielleicht auch sich selbst. Das Bewusstsein, vorerst nicht mehr in die Ferne reisen zu können, öffnet den Raum zum Nachdenken und Erleben der eigenen Ruhe in der Natur.

06 Unser Gesundheitssystem wird aus der Pandemie lernen

Was lernen wir aus der Pandemie? Was werden wir in Zukunft brauchen?

  • Bessere Daten
  • Bessere Netzwerke, z.B: in der Pandemie haben sich 30 Unikliniken zusammengetan und sich ausgetauscht, mit welcher Methode man Covid-19 Patienten intubiert. Das klappte reibungslos, weil alle Beteiligten schon vorher vernetzt waren.
  • Bessere Kooperationen zw. kleinen Behandlungszentren, großen Spitzenzentren und den Familien
  • Bessere Bezahlung für Pflegeberufe um Versorgungsengpässe zu vermeiden.

07 Wir legen mehr Wert auf echte Qualität

Mittel- und langfristig wird Nachhaltigkeit weniger der das Konsumverhalten Einzelner als mehr über die allgemeine Stimmungslage erzwungen werden. Die heutige und die kommende Generation werden es noch weniger akzeptieren, wenn gewisse Produkte mit Kinderarbeit verbunden oder schlecht für Klima und Umwelt sind.

Kunden wie Verkäufer haben Erwartungen, wie nachhaltige aber auch maßgeschneiderte Produkte und Leistungen. Weil im Internet alles gläsern ist, kommen Angebot und Nachfrage leichter zusammen als im stationären Handel.

Big Data wird Fehlkäufe und Retouren wieder verringern, damit wird die Zustellung umweltfreundlicher und lokaler. Der Konsum vor allem von langlebigen Gebrauchsgütern nimmt zu.

08 Im Rückblick werden wir womöglich dankbar sein

Corona bringt uns die Chance zu einem sinnvolleren Leben: Die Besinnung auf den Sinn wirkt am besten, wenn wir nicht einer Theorie folgen, sondern aus Erfahrung klug werden: wir haben die Erfahrung gemacht, was uns im Leben wichtig ist. Wie wichtig es etwa ist, andere an der Seite zu haben und werden künftig besser achtgeben. Wir wissen jetzt wie schön es ist mit Menschen zu leben, die wir berühren und umarmen können. Oder wenigsten jemanden anrufen können.

Wir erleben den Sinn der Digitalisierung und eine neuerliche Analogisierung: Ein Spaziergang im Park oder Wald ist durch kein Surfen im Netz zu ersetzen.

Wir hatten die Gelegenheit zur Besinnung darauf, was eigentlich “Leben” ist.

09 Der Wert der Wissenschaft steigt

Es ist für etliche Menschen das erste Mal, dass sie einen wissenschaftlichen Prozess in in einer Detailtiefe kennenlernen. Sie verfolgen die Arbeit von Wissenschaftlern intensiv, führende Forscher erreichen mit ihren Podcasts und in Talkshows ein Millionenpublikum. Menschen verstehen, wie neue Erkenntnisse in für sie direkt relevante Regeln umgesetzt werden.

Freilich: In sozialen Medien kursiert auch viel pseudowissenschaftlicher Schmafu, aber die meisten Menschen haben ein gutes Gefühl für die Qualität von Informationen (Anmerkung: da bin ich mir jetzt nicht so sicher). Auch andere Zweige der Wissenschaft könnten von einer neuen Wertschätzung profitieren: Ökologie, Sozialwissenschaften, Klimawandel. Eine Extremsituationen wie die Corona-Pandemie kann auf vielen Feldern den Boden für neue Gedanken bereiten.

10 Die Pandemie schärft unseren Sinn für die Realität und unserer Kreativität

Die Pandemie kann uns Demut angesichts der ungeheuren Verletzlichkeit unserer Gesellschaft, das Wissen um die eigene Verantwortung, die Hinterfragung aller Routinen lehren. Not macht erfinderisch und so entsteht gerade auch in der Kreativszene eine neue Kreativität, analoge Formate zu Digitalisieren, (Anmerkung: frei nach dem Motto: the show must go online).

11 Unsere Sicht auf die Jugend verändert sich

Junge Menschen wurden völlig zu Unrecht als verantwortungslos angegriffen. Stattdessen haben sie sich in hohem Maße solidarisch mit den Risikogruppen gezeigt, obwohl sie zu jenen zählen, die am meisten unter der Pandemie zu leiden haben.

Vor Corona hat die ältere Generation ihr Konsum- und Reiseverhalten kaum verändert, obwohl alle Fakten über den Klimawandel auf dem Tisch liegen. Aber von den Jungen wurde automatisch erwartet, dass sie die Alten mitschützen – und sie haben es getan. Nun ist es an der Zeit, Solidarität auch zurückzugeben, etwa indem gut betuchte Ältere auf unnötige Konsumeskapaden verzichten.

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12 Corona hilft uns im Kampf gegen den Klimawandel

Unser Umgang mit der Pandemie offenbart eindrucksvoll: Wir sind fähig zum Handeln, als Individuum wie als Kollektiv, auch wenn die Herausforderungen komplex sind. Wir profitieren enorm, wenn wir die Empfehlungen der Wissenschaft umsetzen. Und: Individuelles verhalten hat direkten Einfluss auf den Verlauf einer hochdynamischen, globalen Bedrohung.

Die Erderwärmung lässt Menschen ihr Leben verlieren, weil Hitzewellen, Überflutungen oder Stürme zunehmen. Um derartige Notlagen zu verhindern können wir nicht erst warten, bis das Problem vor der eigenen Haustür auftaucht – es ist essenziell, präventiv zu handeln – wir müssen heute Verantwortung übernehmen. Die finanziellen Mittel und auch die technischen Lösungen sind vorhanden, wir sind nun in der Pflicht zu handeln.

13 Die digitale Bildung kommt endlich in der Schule an

Corona hat zu einer größeren Aufgeschlossenheit gegenüber der Digitalisierung geführt. Lehrer, die sich damit vorher noch nie auseinandergesetzt hatten, haben sich fortgebildet. Das bietet die Chance, zeitgemäße Bildung voranzubringen und an den Schulen zu verankern.

14 Die Zwangspause hilft, Prioritäten zu ordnen

Die erzwungene Pause hilft vielen Menschen, inne zu halten und ihr Leben neu zu ordnen: Vieles was wichtig war, ist nun nicht mehr so wichtig: Erfolg, ständige Beschäftigung, Reisen. Wir entdecken den Wert der kleinen und “einfachen” Dinge wieder und verstehen, ihren Wert neu.

15 Europa findet in der Krise zu einer neuen Stärke

Die Pandemie hat viele Menschen in Existenzsorgen gestürzt. Doch die Volkswirtschaft ist vital geblieben und die EU hat sich als handlungsfähig erwiesen. Neben dem Schock gab es auch einen großen Schub – Millionen haben Home-office gelernt, Millionen Prozesse sind digitalisiert, die Lieferketten funktionieren.

Viele Staaten haben ihre Rettungspakete so gestaltet, dass große Summen in neue Technologien, die Digitalisierung und den Klimaschutz fließen. Allein ein Drittel des 1,8 Billionen Pakts der EU sind für den Klimaschutz vorgesehen.

und jetzt noch 16: Wir haben letztes Jahr viele neue Kompetenzen gelernt, die uns nicht nur 2021 sondern auch darüber hinaus helfen werden, der Ungewissheit, den Ängsten und der Volatilität mit Ruhe, Vertrauen und Achtsamkeit zu begegnen.

Mehr dazu im Artikel “Lessons learned in 2020 that will us help to master 2021”