Im Rahmen unserer Studie über die junge Generation der Wirtschaftsstudenten frage ich mich selber wieder: wie war das eigentlich damals in den 90ern, als ich in diesem Alter war? Wie war das Lebensgefühl? Wer war ich damals? Was hat mich und uns damals bewegt? Da ist mir doch zufälligerweise ein “Erfahrungsbericht” über ein Internship in Madrid aus dem Jahr 1995 in die Hand gefallen, den ich zwecks Anrechnung fürs Studium verfassen musste.

Ich hatte diesen Bericht komplett vergessen, sowohl dass ich ihn geschrieben hatte, als auch dass er ausgedruckt in meiner Zeugnismappe lag. Ich begann ihn laut vorzulesen, und meine Familie und ich haben uns gewundert und gelacht: der Bericht ist in seiner offenen Form fast schon komisch und drückt doch sehr gut aus, wie es mir bei meiner ersten richtigen Berufserfahrung so ging.

Im Sommer 1995 war ich gerade 21 Jahre alt und hatte 2 Jahre Internationale BWL Studium absolviert. Bis dahin hatte ich vor allem Gastronomie- und Promotionjobs gemacht, einen Sommer in New York als Sekretärinnenvertretung gearbeitet – als e-mails noch Fax geheißen haben und man im Büro kein Internet hatte – und sonstige Gelegenheitssjobs gemacht. Der 1-Monatige Job im BCG Büro Madrid war nun eine ganz andere Liga, ich war sehr stolz über diese Gelegenheit, überhaupt recht ehrgeizig im Sinne es “Gut machen zu wollen” und hatte es auch gerne, gefordert zu werden. In einer fremden Stadt, alleine, auf spanisch, das war ausreichend herausfordernd und bis heute kann ich mich sehr gut an das Gefühl erinnern.

Woran ich mich jetzt noch sehr gut erinnern kann ist die unerträgliche Hitze des Juli in Madrid, das Untermietzimmer in den extrem lauten überhitzten Innenhof, die Einsamkeit an den Wochenenden, da ich niemanden kannte und es kein Smartphone gab  und den Stress und die Angst zu versagen. An die sprachlichen Schwierigkeiten, nicht nur dass die Galizien sehr schnell sprachen sondern auch noch einen ganz eigenen Dialekt hatten. Dass ich dort meine erste e-mail Adresse bekommen habe.

Ich weiß jetzt noch, dass ich mir insgeheim gewünscht hätte, dass mich ein Auto überfährt (nur ein bißchen, aber gerade genug), sodass ich ohne Schmach nach Hause zurückfahren kann. Das ist zum Glück nicht passiert, ich habe es geschafft, aber ich glaube, dass das tatsächlich eine der schwierigsten Herausforderungen in meinem beruflichen Leben geblieben ist und mich für immer geprägt hat.

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