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Im Moment ist es ganz “In”, eine Woche ins Silicon Valley zu fahren und dann zurück in Österreich Interviews zu geben und Newsletter zu veröffentlichen, über das Mindset und wen man alles Wichtigen getroffen hat, mit vielen Fotos vor dem schönen bunten Logos. Und zu glauben, dass man jetzt weiß, wie Zukunft geht und allen hier im drögen Österreich zu erzählen, wie hinten nach man nicht ist.

Ich nehme mich da eh überhaupt nicht aus. Auch ich habe meine Kunden nach San Francisco gebracht, über meine Erkenntnisse gebloggt und viele bunte Fotos gepostet. Ja, ich lebe sogar teilweise dort und bin von Vielem begeistert aber von sehr Vielem auch nicht. Mich nervt langsam die völlig unkritische Berichterstattung: die schöne neue Welt der Technologie, die für alle Probleme und Nicht-Probleme ein unternehmerisches Geschäftsmodell hat. Ja, man kann viel lernen und man soll sich ansehen, und hören was passiert, aber nicht nur um es auch zu wollen, sondern auch zu verstehen, was auf uns zukommt.

Institutionen wie die Singularity University werden dermaßen gehypt, wenn man genauer hinsieht, kann einem auch echt übel werden. Die sind unglaublich wissenschaftsgläubig, kriegen glänzende Augen bei der Vorstellung, dass jeder zu Hause einen DNA Sequencer haben wird und haben überhaupt keine Überlegungen, was das mit sich bringt. Verantwortung für das was man da in die Welt bringt? nö.

Ich finde Unternehmertum extrem gut und wichtig, aber was gerade passiert ist absurd. Jungunternehmer werden gehypt wie früher Popstars, und dass alle die Welt verbessern wollen ist schön. Aber nicht so schön ist, wie. Und dass im Silicon Valley eine unglaubliche Geld- und Giermaschinerie angeheizt ist, darüber redet niemand so gerne. Dass alles und jedes monetarisiert wird und gleichzeitig romantisiert wird.

Und dass das Ideal ist, dass es für ALLES eine technische Lösung gibt, auch für ganz private Themen. Ein Chip, der mir sagt, wie es mir geht, was ich essen soll, idealerweise eine Bestellung aufgibt, nachdem es sich mit den Kühlschrank abgestimmt hat. Internet of Things, und auch Menschen und ihre Gefühle und Bedürfnisse sind ein Thing. Alles ist überwacht, vernetzt, registriert. Ganz ehrlich? Mir macht das auch Angst. Darf man zwar nicht sagen, will ja kein Feind des Fortschrittes werden. Aber für mich riecht hier viel nach Rückschritt, nach der Beschneidung und Ersatz unserer menschlichen Fähigkeiten und Kompetenzen durch Maschinen und Technologien. Wenn wir selber erspüren, wie es uns geht, verdient niemand was dran. Und das darf nicht sein.

Das Silicon Valley ist eine Geschäftsmodellfabrik und alles, aber auch alles was denkbar ist wird auch gemacht. Und ich finde es wichtig, hier nicht nur euphorisch zu werden, oder nur Angst zu bekommen, sondern eine differenzierte Sichtweise zu entwickeln. Sich auf die eigenen Stärken zu besinnen und sich nicht vom Glamour und Geld und Logos und tollen Bildern blenden zu lassen.

Das Silicon Valley ist keine Kuh und muss weder angebetet noch geschlachtet werden.