Es gibt keine Beruf, in dem sich so viele Leute so gut auskennen, wie in der Unternehmensberatung. Sobald ich diesen Begriff sage, glaubt jeder genau zu wissen, was ich mache und wer ich bin. “Das sind doch die, die in ihren Boss-Anzügen und Trolleys einfliegen und für viel Geld Leute abbauen”. Ja, auch. Leider.

Kürzlich in einem neuen Co-Working Space, er war wunderschön, aber etwas abseits in Österreich gelegen. Um meine Bewunderung auszudrücken sage ich, dass ich mich hier vielleicht mit meiner Firma ansiedeln sollte, nicht ganz ernst gemeint. Darauf sagt doch der Mensch, der uns herumführt tatsächlich: hm, na ja, Berater sind in Co-Working Spaces eigentlich nicht so beliebt. Patsch. Danke. Warum, sagt er nicht, ich frage nicht. Denn die Antwort liegt dazwischen: das sind die, die dauernd alle ankeilen. Dass Berater mit ihrer Expertise und Kompetenzen eine Bereicherung sein könnten, kommt ihm nicht in den Sinn.

Wie kam es dazu, dass Berater zu sein schon fast anrüchig ist? Dass mir Kollegen sagen, sie gehen auf keine Veranstaltungen mehr, weil sie immer im Generalverdacht stehen, dass sie eh nur “keilen” wollen. Dass man sich manchmal fast schämen muss? Weil die Menschen eben sehr viele negative Erfahrungen gemacht haben, bzw. viele Berater auch tatsächlich aufdringlich sind. Die großen Beratungen mit ihren Industrieberatern machen es auch nicht gerade besser. Sie fallen in Organisationen ein, saugen Ideen ab und verkaufen sie dem Vorstand als die Eigenen. Bis zu einem hostile Take-Over von McKinsey, die ihre Alumni strategisch gut positionieren, die dann wiederum McKinsey beauftragen. Und welche dann mit ihren rigiden linearen Vorstellungen von der Welt, ihrem technokratischen Menschenbild und ihrem unbedingten Fokus auf den eigenen Vorteil und Umsatz gnadenlose Regime aufbauen.

Oft sind es gerade jene, die Berater selber als Waffe nutzen die, die sich über sie lustig machen. Ich denke, es liegt vor allem auch in der Verantwortung von Auftraggebern, wie sie Beratung nutzen.

Daneben gibt es aber auch noch eine andere Seite. Nämlich die wertvolle Arbeit, die viele Berater und Coaches im Hintergrund leisten. Sie sind wichtige Sparring Partner auf der Top Ebene, sie helfen, mit Schwierigkeiten und Problemen im Alltag zurecht zu kommen. Sie gehen in die Welt, halten Ausschau nach Trends und Ideen und bringen eine Außenperspektive in geschlossene Unternehmenssysteme ein. Sie machen viele sehr teure und aufwändige Ausbildungen und unterziehen sich rigorosen Selbstentwicklungsprozessen. Sie müssen sehr viel können und wissen und sein, damit sie ihren Kunden gute Begleiter sein können. Sie müssen sich ständig am Markt beweisen und jederzeit ihr Geld wert sein, auch wenn es ihnen gerade selber nicht gut geht. Sie brauchen sehr viel Disziplin, Erfahrung und Überwindung, immer wieder. Sie  exponieren sich, stellen sich vor Gruppen, setzen sich ständiger Bewertung aus. Müssen immer wieder die eigenen Grenzen erweitern. Ich kenne keine Berater, die (auf Dauer) für viel Geld wenig Leistung abliefern.

Beratung ist ein eigenes Berufsfeld, es kann eben nicht jeder einfach BeraterIn werden, der mal einen Managementjob gemacht hat. Und es ist so breit, wie das Thema “Gesundheitswesen” – das reicht auch vom Geistheiler bis zum Unfallchirurgen.

Worüber nicht gerne gesprochen wird ist das, was aufgrund von guter Beratung und Coaching gelungen ist. Das ist auch natürlich, denn Führungskräfte stellen sich nicht vor die Belegschaft und Medien und sagen: “dieser Transformationsprozess war eine riesige Herausforderung und ohne die gute Begleitung hätten wir das nicht durchgehalten. Wir sind unseren Beratern dankbar, dass sie uns so gute Begleiter waren und im richtigen Moment die entscheidenden Impulse gesetzt haben, die wir dann gut aufgenommen und umgesetzt haben..” oder so ähnlich.

Aus eigener Erfahrung kann ich aber sagen, dass wir und unsere Kollegen eine wichtige Funktion haben, ein relevantes “Ingredient” sind, Unternehmen und Menschen zu helfen, ihre Potentiale zu heben und sich gut zu entwickeln. Ich finde es manchmal schade, dass es wenig Wertschätzung für diesen Teil gibt, weil ich unter meinen KollegInnen sehr viele Menschen sehe, die sich mit viel Empathie um die Anliegen ihrer Kunden bemühen, die Extra-Mile gehen und einen wertvollen Beitrag leisten.